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Zoll: Schweiz - Deutschland


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Geschrieben 08 März 2008 - 17:10 Uhr

Hi, vllt gab es solch einen Post schon einmal.
Sehr interessant, und besser wenn man es weiß.



Zoll Affaires

728_Zoll.jpg

Sven Traber hat in der Schweizer Gemeinde Waltalingen, zwischen Stein am Rhein und Winterthur eine Werkstatt für Harley Motorräder. Er hat sich in der Customizer- und Tuningszene weit über den Bodensee hinaus einen ausgezeichneten Namen gemacht.

Seit langem verbaut er unter anderem Teile der deutschen Firma RST Performance aus Volkertshausen. Die Teile werden importiert und den Schweizer Vorschriften gemäß verbaut bzw. weiter vertrieben. Sven Cycle ist offizieller Importeur der RST Parts für die Schweiz. In all den Jahren unterhielten die Unternehmen nicht nur eine geschäftliche, sondern auch eine freundschaftliche Beziehung. Klar, dass sich Sven Traber auf Bitte von RST bereit erklärte, zwei in seiner Werkstatt entstandene Edelharleys auf deren Haus-Messe auszustellen.

Wer sollte sich dabei etwas Bösen denken? Die Maschinen waren in der Schweiz registriert und entsprachen allen gesetzlichen Vorschriften, um mit ihnen rund um die Welt zu fahren. Am Montag nach der Hausmesse holte Sven Traber die Maschinen der Einfachheit halber mit dem Transporter wieder ab. Bei der Ausreise wurde er vom deutschen Zoll kontrolliert. „Null Probleme“ sollte man denken, aber weit gefehlt, er wurde erst einmal darauf hingewiesen, dass ab nun alles, was er sage, gegen ihn verwendet werden könne und Sven Traber befand sich inmitten eines Ermittlungsverfahrens. Nach ca. 3 Stunden durfte er den Zollhof wieder verlassen, allerdings nur mit einem Motorrad. Eine der beiden Maschinen wurde als Pfand beschlagnahmt. Nach Einschalten eines deutschen Anwaltes und einiger Verhandlungen konnte Sven Traber sein Custom Bike gegen Zahlung von 4.650,- ? auslösen. Weiterhin bleibt aber noch offen, ob es sich um eine Straftat handelt und in welcher Höhe Bußgelder und Zölle bzw. Steuern anfallen. Sven Traber wandte sich, um weitere Vorkommnisse dieser Art zu vermeiden, mit 5 Fragen an die deutschen Zollbehörden:

Mache ich mich strafbar wenn ich:
- Mit einem Händlerschild am Motorrad nach Deutschland einreise?
- Mit dem Auto und einem Motorrad aufgeladen (Auto normale Zulassung, Motorrad mit Händlerschild) einreise?
- Mit dem Auto und zwei Motorrädern aufgeladen (Auto normale Zulassung, Motorräder mit Händlerschild) einreise?
- Wenn ich mit einem Motorrad mit Händlerschild einreise und wegen einer Panne das Motorrad stehen lassen muss? Ich kann es erst später mit dem Auto zurück in die Schweiz transportieren.
- Wenn ich mein Auto mit CH Zulassung nach Singen in die Reparatur bringe und es zwei Tage da lassen muss, weil Ersatzteile fehlen? Ich gehe in der Zwischenzeit wieder in die Schweiz zurück.

Wie zu erwarten war, erhielt er keine Antworten auf seine Frage, sondern eine 3seitige Zusammenstellung von Zollvorschriften mit dem Hinweis, dass diese Auskünfte aus rechtlichen Gründen nur unverbindlich erteilt würden.
Zum Thema Händlerschild und dem Unterschied zwischen gefahren und transportiert, erfährt er nichts. Aber dem Schreiben lässt sich entnehmen, dass EU – Bürger grundsätzlich keine Fahrzeuge aus Drittländern in Deutschland benutzen bzw. mit diesen einreisen dürfen. Dies ist zwar im Falle Sven Traber nicht der Fall, aber ob die zur Verfügungstellung zu Austellungszwecken im Rahmen der Hausmesse ein Gebrauch bzw. eine Verwendung darstellt, geht aus den 3 Seiten leider ebenfalls nicht hervor. Wenn aber dann gilt:

„EG-Bürger dürfen im Ausnahmefall ein im Drittland verkehrsrechtlich zugelassenes Fahrzeug zum eigenen Gebrauch in das Zollgebiet der EG einführen und hier vorübergehend verwenden, wenn das Fahrzeug gelegentlich nach Weisung des Zulassungsinhabers benutzt wird. Bedingung: Der Zulassungsinhaber muss sich während der Benutzung in der EG aufhalten.“

Na da haben wir es, unverbindlich natürlich - aber Herr Traber hat sich am Abend der Hausmesse in der Schweiz aufgehalten, eindeutig einem Drittland, wäre er nach Rumänien, Lettland oder Litauen ausgereist, kein Problem, aber das hat Herr Traber entweder nicht gewusst oder er hatte zufällig dort nichts zu tun.
Genauer lässt sich die Frage nach der Reparatur in Singen beantworten: „Fahrzeuge die in Deutschland repariert werden sollen, sind der Einfuhr in das Zollverfahren der aktiven Veredelung zu überführen:

„Im Nichterhebungsverfahren werden für die in das Verfahren überführten Einfuhrwagen keine Einfuhrabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) erhoben und keine handelspolitischen Massnahmen angewandt, wenn die Waren in Form von Veredelungserzeugnissen aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft wiederausgeführt werden. Die Beendigung erfolgt durch Erhalt einer zulässigen neuen zollrechtlichen Bestimmung, also in der Regel Wiederausfuhr der Veredlungserzeugnisse aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft.
Durch die Abrechnung wird im Nichterhebungsverfahren insbesondere ermittelt, ob und ggf. in welcher Höhe eine Zollschuld entstanden ist. Prinzipiell ist das Verfahren auf keine Zollschuldausgelegt. Eine Zollschuld entsteht jedoch, wenn Waren nicht wieder ausgeführt, sondern in den zollrechtlichen freien Verkehr überführt werden oder wenn Unregelmässigkeiten bei der Durchführung des Verfahrens (z.B. Pflichtverletzung) festgestellt werden.
. . .
Zu beachten ist hierbei, dass für die aktive Veredelung im Verfahren der Zollrückvergütung bei der Einfuhrumsatzsteuer die Zollvorschriften nicht sinngemäss gelten. Dieser Ausschluss der Zollvorschriften über die aktive Veredelung nach dem Verfahren der Zollrückvergütung bedeutet, dass bei der Abfertigung zu einem solchen Verfahren die Einfuhrwaren einfuhrumsatzsteuerlich regelmässig in den freien Verkehr übergeführt werden. Die Einfuhrumsatzsteuer wird bei der Ausfuhr der Veredelungserzeugnisse nicht erstattet oder erlassen.“

Alles klar? Unverbindlich erklärt, bedeutet das, wenn z.B. ein Fahrzeug von der Schweiz nach Deutschland in die Reparatur gebracht wird, wird in keinem Fall die MwSt. zurückerstattet und sollte es vorher nicht „zur aktiven Veredelung angemeldet worden sein“ sind 19% MwSt. und bei einem PKW 10%, bei einem Pick-Up 22% und einem Motorrad 6% Zoll fällig.
Also noch einmal zum Mitschreiben: Ein Pickup im Wert von z.B. 38.000,- Euro wird nach Singen in die Werkstatt zum Kundendienst oder ähnlichem gebracht und leider haben Sie vergessen die „aktive Veredelung“ vorher anzumelden und in ihrer Naivität marschieren Sie auch noch ins Zollhäuschen, um sich ihre Quittung abstempeln zu lassen. Die Mehrwertsteuer wird wie bereits erwähnt nicht zurückerstattet aber für die „aktive Veredelung dürfen Sie mal schnell 22% Zoll plus 19% MwSt. vom Fahrzeugwert berappen, bei 38.000,- Euro sind das mal gerade schlappe 15.580,- Euro, Bußgelder etc. außen vor. Fliegt das Ganze bei einer Kontrolle auf, haben Sie gute Chancen auf ein zusätzliches Strafverfahren.
Zurück zu Sven Traber er dürfte sich wohl höchstens einer zur Verfügungstellung während er sich nicht in der EG aufhielt „schuldig gemacht“ haben, aber das Verfahren läuft und der Ausgang ist noch ungewiss. Was das Ganze soll, weiß wahrscheinlich niemand mehr und dass Deutschland auf diese Weise wieder mal einen guten Kunden verliert, was soll`s.
Aber im Ernst, das Beispiel Sven Traber macht deutlich, dass die Deutsch-Schweizer Grenze weit mehr Tücken bietet, als man vermuten mag. In jedem Fall ist man gut beraten bei grenzüberschreitenden Leistungen oder Lieferungen den Rat von Profis einzuholen oder am einfachsten die ganze Abwicklung einem Profi zu überlassen. Der grenznahe Fachhandel ist in der Regel bestens auf diesen Service vorbereitet, liefert und montiert zu fairen Konditionen.


Toni Rößler


whiti

Bearbeitet von WhiteDragon, 08 März 2008 - 17:11 Uhr.


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Geschrieben 08 März 2008 - 17:10 Uhr

Hallo White,

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